Montag, 13. Oktober 2014

Die Gefühle der Tafelrunde

Liebe Abhängigkeit, Du kleines, blödes Arschloch! Kommst in mein Leben und bringst alles durcheinander, machst die Tatsachen kompliziert und schwierig.Natürlich bist du nicht gerade erst gekommen, Du warst schon immer da. Klar. Und als Baby von der Mutter abhängig zu sein ist auch keine Schande, aber im Erwachsenenalter immer noch in deine blöde Fresse schauen zu müssen ist eine ganz andere Nummer. Du hast viele Gesichter. Sei es das feste Jobangebot, das einem vom "Freiwirken" abhält, die beste Freundin, die anderer Meinung ist oder der Mann im Leben, der gerade einen anderen Plan hat, als der eigene zu sein scheint. Hinter allem stehst Du; blöd grinsend mit einem Glas Prosecco in der Hand, wohl wollend zunickend und freudig erregt über das gefühlte Chaos Deines Menschen. Oh Mann bin ich sauer über Dich und auf Dich! Geh weg, such Dir einen anderen Menschen, ein anderes Leben einen anderen Wirkungskreis. Ich will Dich nicht haben! Ich habe wahrlich genügend andere Probleme, als mich auch noch mit dir herum denken zu müssen. Wahnsinn. Du bist wie eine Plage, die wenn man nicht aufpasst, sich binn in kürzester Zeit, flächendeckend ausbreitet. Das größte Problem mit Dir ist, je mehr ich Dich aus meinem Leben haben möchte, je schärfer das Messer ist, mit dem ich dich abschneiden möchte, desto präsenter bist du; baust Dich vor mir auf, krallst Dich an mir fest und weigerst dich, wie 10000 Soldaten schützend vor ihrem König stehend, den Weg frei zu machen. Ich kann auch nicht um dich herum gehen, denn dazu ist kein Platz, nicht der kleinste Pfad, ja nicht mal ein Luftzug. Ok dann geht es wohl nicht anderes. Dann den unbequemen Weg. Nachdem jedes Verleugnen, Wegdrücken, Ignorieren, ins Lächerliche ziehen oder Schimpfen nichts bringt, nehme ich wirklich (!) genervt auf meiner geistigen Seelencouch Platz und beschäftige mich mit dir. Weil es ja gerade so schön ist mit dir... Lässig beginne ich mit etwas Smalltalk: "Hallo Angängikeit, und was geht?! "Ach alles super, danke der Nachfrage, und bei Dir Mensch?" "Danke alles ganz super toll. Ach ja, was führt dich eigentlich hier her?" "Du meinst mit hier her, dein Herz?" "Ja, mein Herz, Seele etc." "Mensch, ich wollt nur mal nachschauen, wieviel Platz da für mich ist." "Und?" "Erschreckend wenig." "Aber das ist doch super." "nein in keiner Weise." "Ok. Versteh ich jetzt nicht." "Genau das ist dein Problem, Mensch." "Hä?" "Solange du mir nicht einen Platz bei dir am Tisch anbietest, werde ich immer wieder unaufgefordert und überraschend bei dir herein platzen." "Toll. Und wie lange hast du vor zu bleiben, Abhängikeit?" "Kommt darauf an, Mensch." "Auf was?" "Wie lange du brauchst zu lernen mich auszuhalten." "Ich hasse Dich, ehrlich." "Ich weiß. Und solange du mich hasst werde ich dir nichts als Angst bereiten." Autsch. Noch mehr von diesen Dialogen und ich lasse mich eingraben. Wirklich. Aber was genau meint die Abhängikeit damit, dass ich ihr einen Platz an meinem Tisch anbieten soll. An welchem Tisch überhaupt? Vielleicht an der Tafelrund? Mit Liebe, Vertrauen und Glückseeligkeit? Mit der Unabhängikeit, der Selbstliebe und dem Mut? Ja genau da würde die Abhängikeit super dazu passen. Zwischen der Angst und dem Selbstzweifel, gegenüber der Hoffnung und der Abwertung. Da wird dann schön diskutiert über den momentanen Entwicklungsstatus des Menschen und der nächsten durchzustehenden oder besser durchzufühlenden Herausforderung. Um es mal mit Helene Fischers Worten zu sagen: Großes Kino für uns zwei. Der Abhängikeit und mir. Warum kann denn mein Leben nicht wenigsten ab und zu mal ein gefühlter Ponyhof sein? Warum denn immer dieser ganze Seelenkram? Meine Therapeutin würde mich jetzt freundlich aber bestimmt dazu auffordern, mein Selbstmitleid los zu lassen und mutig der Abhängikeit in die Augen zu blicken. Ihr die Stirn zu bieten. Sie anzunehmen, als das was sie ist. Ein Gefühl, dessen Macht über mich, ich selbst in der Hand habe. Und dazu, das ist wohl wahr, muss ich ihre Daseinsberechtigung akzeptieren. Denn die Abhängikeit geht mit der Unabhängikeit Hand in Hand. Das eine würde ohne das andere nicht existieren. Wie es (und nun meinen Lebenssatz getreu) ohne Schatten kein Licht gäbe.

Mittwoch, 8. Oktober 2014

Liebe - die Zweite

Die Schlacht ist eröffnet. Mit gezogenem Schwert rechts in der Hand, der Streitaxt links, blind und verwirrt hineingestürzt. Der Kampf hat längst begonnen, die Schlacht als letzte Konsequenz. Strategische Kriegsführung? Fehlanzeige. Entgleisung der emotionalen Norm. Wünsche, Bitten, die zu erbitterten Vorwürfen werden, welche postwendend und ebenso erbittert zurück geschleudert werden. Vom Frieden ohne Umweg in den Krieg. Der Grund ist nicht die Ursache der Heftigkeit. Die Heftigkeit ist Ergebnis der eigenen Verletzungen, die vor dem anderen zu schützen sind. Unverständnis macht sich breit. Die Ungedult bohrt sich in die Ignoranz und daraus entsteht Gemeinheit. Es geht ums Überleben! Deshalb wird einfach drauf los geschlagen. Das Schild so hoch erhoben um ja nichts vom Gegner sehen zu können oder zu müssen. Gegner der gerade noch auf der selben Seite stand. Unter der schweren Rüstung, die Haut noch warm von den Liebkosungen des Feindes. Feindes. Freundes. Gegner. Verbündeten. Liebsten. Was denn nun? Um es in Udo Jürgens Worten zu fragen: Fremde oder Freunde? Wohl keines von beiden. Fremde könnten sich nie so nahe sein. Freunde wären gegenseitig nicht so verletzend. Wenn Liebe und Hass sich umarmen, nein das ist nicht richtig. Wenn Liebe und Angst sich umarmen. Was entsteht dann? Kommt vielleicht darauf an wer die stärkeren Arme hat. Wer länger durchhält. Die Angst? Die Liebe? Ist es Liebe durchzuhalten? Ist es Angst nicht stehen bleiben zu wollen? Die Angst durchzuhalten, sie auszuhalten. Angst, dass die eigenen Bedürfnisse den Rahmen des Machbaren sprengen. Wenn dem so ist. Wenn die eigenen Bedürfnisse für den anderen nicht "machbar" sind. Was ist dann mit der Liebe? Wo soll die dann hingehen? Ihr zu Hause ist beim anderen. Machbarkeiten hin oder her. Die Liebe will gehört werden. Egal wie unbequem es für den Zuhörer ist. Die Liebe nimmt sich nicht zurück. Sie hat keinen Grund dazu. Sie ist das stärkste Gefühl, das es gibt. Die Liebe ist nicht vernünftig, sie ist in aller Stille von Herzen laut. Die Liebe lässt uns barfuß durch die Hölle gehen. Sie berührt wo die Wunden am meisten schmerzen. Sie treibt an, sie fordert, sie kämpft. Die Liebe liebt es zu lieben und geliebt zu werden. Die Liebe ist die meiste Zeit am suchen. Findet sie, so sucht sie weiter. Der Weg ist das Ziel und das Ankommen, wie wir es verstehen, nur eine kurzweilige Laune des Gelebten. Die Schlacht ist so sinnlos wie der ganze Krieg. Das war schon immer so und ist wohl bekannt, aber wie eine Schlacht vermeiden wenn der Frieden nicht vertrauensvoll auf allen Ebenen weilt. Wenn der Schmerz des Vergangenen, die stärkste Waffe gegen sich selbst ist? Vor wem gilt es dann eine Mauer zu ziehen? Vor sich selbst? Als Schutz? Vorm anderen? Damit er die eigene Schwäche nicht als Mangel deutet? Wenn man sich selbst der ärgste Feind ist und der Weg hinaus nicht sichtbar scheint, was ist dann zu tun? Nicht weglaufen. Weiter lieben.